Brüder-Grimm-Preis

Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau
Annabaar
Anna Baar mit Brüder Grimm-Preis für Literatur ausgezeichnet
Feierliche Preisverleihung am 24. November 2023 im Kulturforum

Mit dem Brüder Grimm-Preis für Literatur der Stadt Hanau 2023 wurde am 24. November die Autorin Anna Baar für ihr Buch „Divân mit Schonbezug" ausgezeichnet. Es ist ein Band mit „Geschichten über das Fremde und gleichzeitig Schöne, über das Heranwachsen zwischen den Kulturen, Heimat und Sehnsucht“, heißt es in der Beschreibung des Verlags Wallstein. Die Jury mit Prof. Dr. Heiner Boehncke (Literaturprofessor), Valerie Fritsch (vorangegangene Preisträgerin), M.A. John Kannamkulam (Politikwissenschaftler), Beate Tröger (Literaturkritikerin FAZ) votierte Anfang Juli 2023 - nach eingehender Diskussion der eingereichten Veröffentlichungen - einstimmig für das Werk. Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung) war leider beruflich verhindert.

Der Magistrat bestätigte den Jury-Entscheid zur Verleihung des Preises, der mit 10.000 Euro dotiert ist.
Die in "Divân mit Schonbezug" versammelten Erzählungen und Fortschreibungen politischer Reden und Essays aus vergangenen Jahren zeigen Anna Baar als Forschungsreisende zwischen ihren Welten, deren Besucherführungen in den eigenen Erzählkosmos eher verwegenen Roadtrips gleichen als beschaulichen Sightseeing-Touren. Selbst in zwei Kulturen aufgewachsen erkennt sie die Entschleierung des unter den "Schonbezügen" der Idyllen Verborgenen als zwingende Grundbedingung für ein friedliches und gerechtes Miteinander. Einmal wütend, dann wieder zärtlich und heiter schreibt sie gegen die eigene Sprachlosigkeit an und erzählt in witzigen Anekdoten von der Skurrilität des Seins.
 
Zur Autorin:
Anna Baar, geb. 1973 in Zagreb (ehem. Jugoslawien). Kindheit und Jugend in Wien, Klagenfurt und auf der dalmatinischen Insel Brac. Ihr Debütroman "Die Farbe des Granatapfels" stand drei Monate auf der ORF-Bestenliste, ihr neuester Roman "Nil" auf der Shortlist des österreichischen Buchpreises 2021. Für den Roman "Als ob sie träumend gingen" wurde sie mit dem Theodor-Körner-Preis ausgezeichnet. Anna Baar lebt in Klagenfurt und Wien.
 
Hintergrund:
Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau ist in erster Linie ein Literaturpreis für ein herausragendes Werk in deutscher Sprache aus dem Gebiet der Prosa, Lyrik oder Dramatik (einschließlich Kinder-und Jugendliteratur) und wird alle drei Jahre vergeben. Dem wissenschaftlichen Anliegen Jacob und Wilhelm Grimms entsprechend kann aber auch ein herausragendes Werk in deutscher Sprache, das sich außerdem durch hohe sprachliche Qualität und Verständlichkeit auszeichnen muss, aus dem Gebiet der Sprachforschung oder der Volkskunde prämiert werden. Der Preis dient gleichermaßen der Auszeichnung wie der Förderung. Prämiert wird ein in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren bei einem deutschen oder außerdeutschen Verlag erschienenes Werk.
 
„Allen meinen Orten bin ich nur eingemietet“ heißt es in einer Erzählung aus „Divân mit Schonbezug“. Anna Baar, geboren 1973 in Zagreb und aufgewachsen in Kärnten, forscht darin nach Orten, Sprachen, Herkunft. Sie schreibt aus „Entrüstung“, den Begriff leiht sich Anna Baar bei Gustave Flaubert für das Motto ihres Erzähl­bandes. Damit verweist die Autorin indirekt auf das Skandalon, was es bedeutet, in einem Land aufzuwachsen, in dem man die Sprache einer Minderheit besser versteckte.
In den Erzählungen legt Baar den ganzen Reichtum frei, der mit dieser Sprache, mit Mehrsprachigkeit verbunden ist, sie zeigt aber auch die Not, die es bedeutet, etwas zu verheimlichen, auf das man auch stolz sein könnte. Der „Schonbezug“ aus Plastik, der über den Möbeln liegt wie ein Tabu über Sprache, Geschichte und unangenehmen Wahrheiten. Oft geht es Baars Figuren darum, sich zu sich zu bekennen, zu wider ­stehen, und sei es, so lange wie möglich, auch dem Tod zu widerstehen. Immer geht es darum, dass Sprache als zugleich kollektives und individuelles Werkzeug bei der Wahrheitsfindung hilft, den ganzen Reichtum jedes Individuums zu zeigen, ganz gleich ob nun in einer oder zwischen mehreren Kulturen. Der Witz, die Genauigkeit, die Originalität, mit der Anna Baar ihre Figuren zeichnet, vermitteln ein feines Bild von der Geschichte und der Gegenwart mehrsprachiger Menschen.
In der Jury wirkten Prof. Dr. Heiner Boehncke, Valerie Fritsch, John Kannamkulam, Prof. Dr. Ernst Osterkamp und Beate Tröger.
Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau ist in erster Linie ein Literaturpreis für ein herausragendes Werk in deutscher Sprache aus dem Gebiet der Prosa, Lyrik oder Dramatik (einschließlich Kinder-und Jugendliteratur). Dem wissenschaftlichen Anliegen Jacob und Wilhelm Grimms entsprechend kann aber auch ein herausragendes Werk in deutscher Sprache, das sich außerdem durch hohe sprachliche Qualität und Verständlichkeit auszeichnen muss, aus dem Gebiet der Sprachforschung oder der Volkskunde prämiert werden.

Der Preis dient gleichermaßen der Auszeichnung wie der Förderung. Prämiert wird ein bei einem deutschen oder außerdeutschen Verlag erschienenes Werk. Der Magistrat beruft auf die Dauer von drei Jahren (Wiederberufung möglich) eine Jury von fünf Personen, die den Preisträger oder die Preisträgerin benennt. Sie setzt sich wie folgt zusammen: ein Professor oder eine Professorin für Germanistik an einer hessischen Universität, ein weiterer Juror oder eine Jurorin wird von der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt bestimmt. Von den beiden anderen Juroren soll mindestens einer ein sachkundiger Hanauer Bürger oder eine sachkundige Hanauer Bürgerin sein. Außerdem ist der jeweils letzte Preisträger oder die letzte Preisträgerin in der Jury vertreten.

Der Preisträger wird vom Magistrat aufgefordert, im Jahre der Preisverleihung oder danach eine kulturelle Veranstaltung in Hanau durchzuführen.

Der Preis besteht aus einer Ehrenurkunde und dem Geldbetrag i.H.v. 10.000 Euro. Er wird in feierlichem Rahmen vom Oberbürgermeister der Stadt Hanau überreicht.
Seit 2017 wird der Preis in einem dreijährigen Rhythmus im Wechsel mit dem Paul Hindemith-Preis und dem Ludwig Emil Grimm-Preis der Stadt Hanau verliehen.
Beate Tröger M.A.
John Kannamkulam M.A.
Prof. Dr. Heiner Boehncke
Prof. Dr. Ernst Osterkamp
Valerie Fritsch als Preisträgerin 2020
Die Geschäftsführung liegt bei der Leitung des Kulturforums Hanau.
 
1983
Wolfgang Hilbig
Abwesenheit. Gedichte (Fischer, 1982) und Unterm Neomond. Erzählungen (Fischer, 1982).
1985
Waltraud Anna Mitgutsch
Die Züchtigung (Claassen, 1985).
1987
Wilhelm Bartsch
Übungen im Joch (Gedichte).
1989
Natascha Wodin
Einmal lebt ich (Luchterhand, 1989).
1991
Monika Maron
Stille Zeile sechs (Fischer, 1991).
1993
Harald Weinrich
Textgrammatik der deutschen Sprache.
(Dudenverlag, 1993)
1995
Adolf Endler
Tarzan am Prenzlauer Berg (Reclam, 1994).
1997
Harry Rowohlt
Übersetzung von Frank McCourt: Die Asche meiner Mutter (Luchterhand,1996).
1999
Georg Klein
Libidissi (Alexander Fest Verlag, 1998)
2001
Heinz Czechowski
"Die Zeit steht still. Ausgewählte Gedichte." (Grupello Verlag 2000)
"Das offene Geheimnis. Liebesgedichte" (Grupello Verlag 1999)
2003
Klaus Böldl
„Die fernen Inseln“ (Fischer Verlag 2003)
2005
Felicitas Hoppe
„Verbrecher und Versager“
2005
Andreas Reimann
"Zwischen den Untergängen"
2007
Björn Kern
"Die Erlöser AG"
2009
Natascha Wodin
"Nachtgeschwister"
2011
Reinhard Kaiser
Übersetzung des Romans „Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch“ von Hans Jacob Christoffel Grimmelshausen aus dem Deutsch des 17. Jahrhunderts.
2013
Christoph Ransmayr
"Atlas eines ängstlichen Mannes"
2017
Dr. Barbara Zoeke
"Die Stunde der Spezialisten"
2020
Valerie Fritsch
"Herzklappen von Johnson & Johnson"
Jacob Grimm wurde am 4. Januar 1785 in Hanau geboren, Wilhelm Grimm am 24. Februar 1786. Beide gelten als Begründer der Germanistik und sind am bekanntesten für ihre Sammlung der Kinder- und Hausmärchen. Sie begannen das "Deutsche Wörterbuch", das den deutschen Sprachschatz vollständig sammelt und ethymologisch erläutert. Jacob und Wilhelm Grimm vollendeten die ersten vier Bände, das Werk wurde erst im 20. Jahrhundert abgeschlossen.

Jacob und Wilhelm Grimm waren Mitglieder der "Göttinger Sieben", einer Gruppe von Hochschullehrern, die König Ernst August von Hannover wegen der Aufhebung der Verfassung des Verfassungsbruchs beschuldigt hatten. Alle sieben wurden aus dem Dienst entlassen. Mit der Preisverleihung im November erinnert Hanau an diesen 18. November 1837, an dem die "Göttinger Sieben" ihren mutigen und folgenreichen Protest gegen den Absolutismus ihres Monarchen erhoben.
Brueder-Grimm-Preis
Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau rühmt sprachlich herausragende Werke. Er ermutigt Autorinnen und Autoren, ihre literarische Arbeit fortzusetzen.

Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau schmückt die Stifterin, weil sie ihr kulturelles Erbe ernst nimmt und weiterträgt. Mit dem Preis verweist sie darauf, dass literarische Kultur große Bedeutung für die Gesellschaft hat.

Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau ehrt die Namensgeber.